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Ich habe noch nie viel von „zyklischem Stricken“ gehalten… :D Nach dem „warmen“ Pullover aus dem letzten Blogbeitrag habe ich den strafend blickenden Kalender zugeklappt und losgelegt. Geworden ist es ein weiterer Pulli, dieses Mal für die ganz kalten Tage.
Aber von Anfang an! Nachdem mein Halbpatent-Pulli fertig war, das war in der ersten Maiwoche, war es hier immer noch schweinekalt. Wirklich. Schweinekalt. So habe ich eine bereits seit längerem gärende Idee hervorgekramt: Ich wollte meinen Wollberg in Bezug auf die wirklich dicken Garne reduzieren. Ich hatte mir dafür insbesondere die Garne aus der Ragazza-Reihe von Lana Grossa ausgeschaut. Da habe ich wirklich viel von. Die habe ich vor Jahren mal günstig als Pakete bei Ebay gekauft. Wir sprechen da von mehrfach 500g verschiedener Farben sowie Mengen zwischen 200 und 500g von weiteren. So viele Loops, Mützen und Stirnbänder kann ja keiner stricken, geschweige denn tragen. Aber damals war der Wollberg noch winzig und ich hatte als Strickneuling noch gar keine Ahnung, was man aus dem Garn machen könnte und was halt auch besser nicht.
Das Garn an sich ist aber super. Mutti hat sich einen genialen Patentloop aus einer Färbung der Ragazza Lei in Rot- und Grautönen gestrickt. Tolles Teil. Leider habe ich kein Foto zur Hand. Ich habe mir vor anderthalb Jahren zumindest schon mal ein Stirnband gestrickt, wobei das keine 100g verbraucht hat. Da musste nun also ein größeres Projekt her.

Ich habe zur Ideenfindung sehr viel durch die Sammlung an Anleitungen auf ravelry gestöbert. Dabei habe ich wieder festgestellt, dass Grobstrick für mich einfach nicht das Wahre ist. Ja, schnell viel Wolle verarbeiten ist manchmal super, hier ja jetzt auch das Ziel, und ein Stück weit befriedigend. Aber die fertigen Stücke treffen meist nicht meinen Geschmack. Sackig, unförmig, entschuldigung „oversized“ hin oder her. So war die Sucherei in dem Wust an vorhandenen Designs irgendwie quälend.
Zur weiteren Eingrenzung hatte ich dann schnell entschieden, dass es ein Pullover werden soll. Das gefiel mir in den meisten Fällen besser als die Jackendesigns, die ich gefunden habe. Mein Auge blieb dann beim „218-28 Divergence“ von DROPS Design hängen. Die Anleitung ist erst aus der letzten Winterkollektion von DROPS und die Anzahl der Projekte auf ravelry wohl deshalb noch überschaubar.

Aber mir gefiel die Konstruktion. Keine Ahnung wie die korrekte Bezeichnung für diese Konstruktion wäre. Aber grob gesagt schlägt man, den Kragen mal außen vor gelassen, am Halsausschnitt die für die beiden Ärmel benötigte Maschenanzahl an. Diese bleiben von der Anzahl her bis zum Abteilen der Ärmel unverändert. Die Weite gewinnt man durch beidseitige Zunahmen „zwischen“ den Ärmeln, sodass sich größer werdende Dreiecke zwischen den Maschen der Ärmel bilden, die am Ende die Breite des Körperteils haben. Die Zunahmen erfolgen immer am Übergang zu den Ärmelmaschen, ähnlich wie bei einer Raglanlinie, nur dass eben ärmelseitig der Linie keine Zunahmen erfolgen. Die Ärmelmaschen werden dann nach dem Abteilen zur Runde geschlossen und weitergestrickt und die Maschen der beiden Dreiecke werden ebenfalls verbunden und in der Runde nach unten weitergestrickt und bilden so den Körper.

Da ich nun aber maximal 500g von einer Farbe hatte und der Pullover in meiner Größe mit mindestens 600g angegeben ist, musste eine Idee für eine zweifarbige Variante her. Und da drängte sich mir einfach folgendes auf: Warum nicht die Konstruktion aufgreifen und die Ärmelmaschen inkl. des Kragens in einer Farbe und die Körpermaschen, beginnend bei den kleinen Zwickeln auf Vorder- und Rückseite, in einer zweiten Farbe?! Der Gedanke gefiel mir richtig gut. Der Rückschluss bzgl. der Umsetzung dann weniger. Denn die einzige sinnvolle Idee hierzu schien mir das Stricken mit der Intarsientechnik.
Trotz großer Garnauswahl konnte ich mit diesem Plan vor Augen nun eine abschließende Farbentscheidung treffen. Ich habe mich für zwei Farben der Lana Grossa Ragazza Lei Mouline aus meinem Wollberg entschieden. Das ist ein zweifädiges Garn aus reiner Merinowolle, nur wenig verzwirnt. Es besteht immer aus einem naturfarbenen/weißen Faden und einem gefärbten. Durch das Verzwirnen der beiden Fäden entsteht im fertigen Garn eine Optik wie bei den typischen rot-weißen Zuckerstangen. Verstrickt ergeben sich dann unkontrolliert weiße und farbige Maschen, je nachdem welcher Faden oben liegt. Für die Ärmel inkl. Kragen habe ich petrol-weiß (500g im Wollberg) gewählt und für den Körper beige-weiß (400g im Wollberg).
Da ich mit meiner Maschenprobe eine Masche weniger auf 10cm erreicht habe als laut Anleitung gefordert, habe ich eine Größe kleiner gestrickt. (Eine Masche weniger bei Nadelstärke 10 mm macht nämlich doch schon einen merklichen Unterschied!) Tendenziell ist er denke ich etwas enger, als in der Anleitung geplant für meine angepeilte Größe, aber die Passform gefällt mir ausgesprochen gut. Dazu aber später mehr.

Bei der Intarsientechnik strickt man mehrfahrbig, aber nicht mit einem hinter dem Gestrick mitlaufenden Faden wie beim „stranded colourwork“, sondern jede Farbfläche wird mit einem separaten Knäuel gestrickt und an den Übergängen verkreuzt man die Fäden, sodass keine Löcher entstehen. In Reihen funktioniert das wunderbar, klassisch in Runden jedoch gar nicht. Denn wenn ich in der ersten Runde die Farbflächen abstricke, hängen die Fäden „am Ende“ der Flächen. Wenn ich nun wieder bei der ersten Farbfläche ankomme, benötige ich den Faden aber am Anfang der Fläche. Das funktioniert so nicht. Deshalb strickt man Intarsien „in Runden“ auch in Hin- und Rückreihen und hat einen Punkt, wo man den Rundenbeginn und das Rundenende durch bestimmte Techniken verbindet, aber dann eben in die Richtung, aus der man gekommen ist, wieder zurückstrickt. Ich habe hierzu bei meinen ImmiSocks schon einmal relativ ausführlich beschrieben. Diese Socken sind nämlich ebenfalls mit der Intarientechnik gestrickt worden.
Der Knackpunkt an dieser Technik ist für mich ganz klar das Verbinden des Rundenbeginns und des Rundenendes, ohne dass dabei Löcher entstehen. Die Standardanweisung ist hierzu meist, dass man am Anfang jeder Hin- und Rückreihe einen Umschlag arbeitet, den man jeweils mit dem anderen Ende der Runde zusammenstrickt. Das ergibt bei mir aber trotzdem immer Löcher. Ich habe es schlussendlich so gemacht, dass ich statt Umschläge zu machen aus dem angrenzenden, anderen Ende der Runde eine Maschen mit auf die Nadel gezogen habe und diese dann mit der letzten Masche meines Rundenendes zusammengestrickt habe. Das hat den Vorteil, dass der Abstand zwischen Rundenbeginn und Rundenende kleiner wird, da die bereits abgestrickte Masche aus der Vorreihe, die ich mir wieder auf die Nadel hole, kleiner ist als der Umschlag es wäre. So entstehen bei mir keine Löcher. Da hilft einfach nur etwas Probieren, was bei einem selbst am besten funktioniert.
Lediglich an der Spitze des Rückenteil-Dreiecks haben sich die Maschen etwas aufgezogen. Das ist mir tatsächlich aber auch erst bei der Bearbeitung der Fotos aufgefallen. Das werde ich erst einmal beobachten und ggf. die vergrößerten Maschen nachnähen und so verkleinern.

Der einzige etwas friemelige Punkt im Sinne der Anleitung war die Umsetzung der Zunahmen für Vorder- und Rückenteil. Hier sollten nämlich jede vierte Runde aus einer Masche drei herausgestrickt werden bzw. durch Einstechen in die Maschen der Vorrunden. Hier musste ich immer ein wenig herumzuppeln, um den Mittelweg zwischen Löchern aufgrund der völlig überdehnten „Muttermaschen“ und Löchern wegen viel zu loser neuer Maschen zu finden. Das hat sich aber im Großen und Ganzen am Ende schön zurechtgeruckelt. Hier hatten laut der bestehenden ravelry-Projekte einige andere Strickerinnen ebenfalls Schwierigkeiten und haben z.T. gänzlich anders Maschen zugenommen. Ich finde meine Lösung ganz ansehnlich. Manchmal scheint Geduld doch zum Ergebnis zu führen… verückt! :D
Nachdem die technischen Fallstricke dann beseitigt waren, ging es aber wirklich fix. Das ist wirklich ein Vorteil von diesen dicken Garnen. Der Körper wurde ohne Taillierung gerade runtergestrickt und endet unten mit einem kurzen Rippenbündchen. Die Ärmel werden im Rippenmuster mit gleichmäßigen Abnahmen runter gestrickt und ich habe sie am Ende mit einem ICord mit drei Maschen abgekettet. Das passt optisch ganz gut.
Wie sich das nur locker verzwirnte, reine Merinogarn beim Tragen verhält, wird sich zweigen. Ich tippe auf vermehrtes Pilling an den üblichen Stellen unter den Armen, am Bündchen unten und an den Handgelenken/Ärmelinnenseiten, da das Garn nicht allzu widerstandsfähig gegen Reibung sein wird. Aber das muss sich zeigen.
Vom Sitz her ist er für einen so dicken Pullover dann doch verhältnismäßig figurnah ausgefallen. Er gefällt mir gut so. Er ist nicht sackig, aber auch nicht zu eng und weit genug, um ein Gefühl der Gemütlichkeit zu erzeugen. Von der Länge her geht er bis an die Hüfte ran, scheint sich aber nicht hochzuschubbern beim Bewegen und hält schön den unteren Rücken mit warm. Die Ärmel gehen noch ein gutes Stück über die Handgelenke hinaus, so wie ich es gerne mag. Der Rollkragen liegt relativ eng an. Da muss ich mal sehen, ob mich das irgendwann nervt. Aber wenn es kalt genug für diesen Pullover ist, bin ich wohl auch für einen Rollkragen dankbar. Da ich (tendenziell Frostbeule, die auch an Spätsommerabenden zur Wolldecke greift, drinnen…) aber eine relativ niedrige Hemmschwelle für warme Klamotten habe, wird der im kommenden Herbst/Winter schon seinen Einsatz bekommen. Solange freue ich mich einfach über die Reduzierung meines Wollbergs um über 600g Wolle bei einer Strickzeit von weniger als 14 Tagen. Wolldiät und Wollbergreduzierung läuft bei mir! :)


- Anleitung: „218-28 Divergence“ von DROPS Design (Ravelry-Link)
- 293g Lana Grossa Ragazza Lei Mouline, Farbe 654 petrol/weiß (100% Merino), LL ca. 40m/50g
- 328g Lana Grossa Ragazza Lei Mouline, Farbe 657 beige/weiß (100% Merino), LL ca. 40m/50g
- Größe M gestrickt um L zu erhalten (abweichende Maschenprobe)
- NS 10,0
- Tubular Cast On am Kragen
- ICord-Abschluss an den Ärmeln
- Kosten: Garn 37€ (ebay, für 18 Knäuel inkl. 5,5 Knäuel Rest)
- fertig gestellt: Mai 2021

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(o.g. Seiten ggf. ohne Verlinkung? -> Verlinkung folgt, wenn Linkparty online)
Hallo Anma,
aus dem Garn und dem Muster hast Du in Kombi ja wirklich das Beste rausgeholt! :) Die kreative Passe kommt mit zwei Farben viel mehr zur Geltung. Er wirkt trotz Grobstrick überhaupt nicht unförmig. Und der Farbübergang ist richtig löcherfrei gelungen, wow! (Die kleine etwas losere Masche am Rücken, die du beschreibt, fällt bei der Melierung meiner Meinung nach nicht sehr auf – ich musste zweimal hingucken). Viel Spaß beim Tragen, obwohl jetzt hoffentlich mal ein paar Sommertage anstehen! ;)
Viele Grüße, Eva
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Hallo Eva,
ja, Farbverteilung und Muster mussten einfach so zusammenfinden. Dem perfect match konnte ich mich nicht verweigern 😁 vielen Dank insbesondere für deine Wahrnehmung trotz Grobstrick! Das freut mich zu hören.
Oh, ja. Ich habe ihn auch erst mal mottensicher verpackt und weggelegt. Seine Zeit wird kommen!
Liebe Grüße, Anma.
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